Con amici, la vita è bella…

Die Tage werden schon merklich kühler und kürzer, das Ende des Sommers scheint greifbar, und unser Hochgefühl macht einer leichten Melancholie Platz – könnten wir uns doch nur ein Stück sommerlicher Lebensfreude in den Herbst und Winter hinein erhalten…

Aber wie sagt man doch? „Close your eyes and think of… Italy!“ Wie war das doch noch diesen Sommer im maremmanischen Marsiliana:  die Hitze des Tages macht einem lauen Lüftchen Platz, das Licht schon nicht mehr ganz so gleissend, sondern bereits etwas weicher, verschwommener. Die Grillen zirpen sich der Abenddämmerung entgegen, und für uns beginnt die absolute Lieblingszeit des Tages: Apéro und Essen mit Freunden im Innenhof des Herrschaftshauses Marsiliana der Familie von Principe Corsini, das wir diesen Sommer gemietet haben. Hier, mitten  im Herzen der Maremma, drehen die Uhren langsamer, die Tage erscheinen kaugummig und träg, das kontemplative Nichtstun wird für eine Weile zur Sportdisziplin Nr. 1, für Golf oder andere körperliche Betätigungen viel zu heiss…

Heute Abend also stattdessen die Olympiade der Freundschaft, des Philosophierens, des guten Essens und des Weins. Und natürlich der Ode an unser Gastgeberland, dieses schönsten aller schönen Länder, unser Sehnsuchtsland, ohne dessen sanfter Erahnung wir ab und zu die helvetischen Wetterkapriolen kaum überstehen würden: Italia, amore mio.

Die Schatten werden länger, die Grillen steigern ihre Hymne auf diesen unseren Abend der Freundschaft ins Crescendo, und wir fiebern dem Geräusch des Korkens entgegen, der in der Küche aus der Weissweinflasche gezogen wird. Welcher wird es sein? Ich schaue mich um: Für einmal – ist es wegen des Weins? – sind die meisten Männer im Gewölbe der alten Küche verschwunden, wir Frauen sitzen im Schatten der glyzinienbehangenen Pergola und bereiten uns seriös auf die zu folgenden olympischen Wortgefechte und Diskussionen vor; unser Sportprogramm für den Tag ist schliesslich noch nicht abgearbeitet, die bereits verbrannten Kalorien beschränken sich auf die paar wenigen Schwimmzüge im Pool, die Wortgefechte müssen also dementsprechend hitzig werden, sonst folgt das berühmte schlechte Pasta-Gewissen. Oder doch nicht? Nein, hier fehlt uns sogar dazu die Energie. Das Internet weiss in Bezug auf den Kalorienverbrauch beim Diskutieren keinen Rat – sollen wir etwa trotzdem den Männern das Kochen abnehmen? Würde mit sicher 120 zusätzlichen Kalorien zu Buche schlagen. Nein, zu heiss, zu anstrengend… Also vergessen wir es einfach: Die Pasta muss gegessen und genossen sein, das sind wir Italien schuldig! Kalorien hin oder her, hier gibt’s keine Waage. Im schlimmsten Fall hängen wir dann einfach ein Bettlaken vor die Spiegel, aber diese sind im alten Castello aus dem 18. Jahrhundert, mit vielen Originalmöbeln bestückt, glücklicherweise auch schon ein wenig schummrig. Und überhaupt: Mitte August wird das Licht wie bereits gesagt immer weicher und verzeihender, und für diese eine Woche sind wir alle Italiener; und wer hat schon je ein berühmtes Gemälde oder Foto einer italienischen Ikone gesehen, die nicht etwas kurvig war?

Der Wein – mittlerweile haben wir sinngemäss zum hauseigenen Rotwein Marsiliana mit 92 Parker Punkten gewechselt, natürlich stilecht aus Magnumflaschen genossen  – mundet hervorragend, und die von den Männern gezauberte Kombination aus Bistecca vom Grill und Pasta lässt uns in höhere Sphären entschweben. Die Wortgefechte sind auf dem Rücken der Kalorien in den lauen Abendwind entflogen, und zurück bleibt die Dankbarkeit, dass wir diesen magischen Ort finden und geniessen durften, zusammen mit den engsten Freunden und der Familie.

Dann folgt doch noch der Sport: Wir besteigen gemeinsam den Turm von Marsiliana, wo sich in der Ebene und im letzten verbleibenden Abendlicht noch die vor uns liegende Landschaft der Maremma bis zum Meer hin erahnen lässt. Hier oben singen wir unter der perfekten Sternendecke das Loblied auf die Maremma, auf Italien, die Liebe, den Wein und die Freundschaft. Und auf das Leben. Italia, amore mio.

 

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