Neues Selbstbewusstsein aus dem Süden
Mein wohl prägendster vinöser Eindruck der letzten Jahre hat sich in etwa so zugetragen:
Auf der ständigen Suche nach neuen Weingütern und spannenden, unbekannten Rebsorten oder zu wenig beachteten Weinregionen stiess ich vor einiger Zeit auf die Cantina Fonzone im Herzen der Taurasi DOCG im kleinen Städtchen Paternopoli , etwas mehr als eine Autostunde von Neapel und dem mächtigen Vesuv entfernt. Natürlich wusste ich, dass es dieses Weinbaugebiet gibt, und ich hatte auch schon das eine oder andere Gläschen Rotwein in den Tavernen Neapels getrunken, aber was ein Taurasi DOCG wirklich bedeutet, und welchen immensen Einfluss diese DOCG auf eine ganze Region hat, wusste ich da noch nicht.
Die Erklärung, was Taurasi ist, und wie man es dem hiesigen Weinliebhaber am einfachsten erklären oder womit man es vergleichen kann, kam so unerwartet wie selbstbewusst von der Familie Fonzone selbst: „Es ist ganz einfach: Taurasi ist Aglianico, der Barolo des Südens, aber eigentlich ist es eher so, dass der Barolo der Taurasi des Nordens ist“. Diese – anfangs nicht ganz so ernst gemeinte – Erklärung gefiel mir sehr, und sie prägte sich mir deshalb ebenso ein wie die Erkenntnis, dass es in Neapel wohl die besten Pizze der Welt gibt.
Dass es sich bei dem oben beschriebenen neuen Selbstverständnis nicht um reines Wunschdenken handelt, beweisen in der Region am Fusse des Vesuvs einige Spitzenproduzenten, die sich der Vorzeigesorte Aglianico aber auch den weissen autochthonen Rebsorten wie Fiano und Greco verschrieben haben.
Ganz vorne dabei die Cantina Fonzone. Im Jahre 2005 von Lorenzo Fonzone Caccese und seinen Söhnen gegründet hat sich dieses doch relativ neue Weingut schnell zu einem Top-Produzenten entwickelt, was inzwischen auch der internationalen Weinpresse nicht entgangen ist.
Die Weinbewertungen von James Suckling, Gambero Rosso und Konsorten sprechen eine deutliche Sprache.
Mit beinahe 20 Hektaren Rebfläche gehört die Cantina Fonzone nicht gerade zu den grossen Weingütern in Kampanien, hat sich aber durch ihre konsequent naturnahe Produktion – wie dem Verzicht auf Herbizide und dem Einsatz von Zuchthefen sowie dem ausschliesslichen Anbau regionaler Rebsorten – schon sehr früh einen Namen gemacht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die qualitative Vielfalt der Rebsorten, die intensiv Rebpflege und die sorgsame Vinifikation im Keller in den komplexen Weinen wiederspiegelt.
Allen voran der Aglianico. Die tieffarbige Sorte, die vermutlich schon in der Antike durch griechische Kolonisten nach Italien gebracht wurde, zeigt sich mit ihrer kompakten Säure und Tanninstrukur und dem gehaltvollem Körper von ihrer besten Seite, und muss den Vergleich mit seinem nördlichen Kontrahenten, dem Nebbiolo, nicht scheuen. Nur beim Preis könnte man noch etwas vom Barolo lernen. Wir sind jedoch nicht böse, wenn die Winzer der Taurasi DOCG nicht alles nachahmen, was im Norden Italiens schon so viele in den Ruin getrieben hat.
Eine wunderbare Alternative zu den omnipräsenten Chardonnays und Sauvignons dieser Welt bildet ausserdem die Phalanx der autochthonen weissen Sorten wie Falanghina oder Fiano, der in seiner reinsten Form im nahegelegen Avellino zur Höchstleistung aufdreht und das Kennerherz in höherer Kadenz schlagen lässt.
Auch die Sorte Greco, hier auch als Greco di Tufo mit eigener DOCG bekannt, lässt die ganze Landschaft mit ihren mineralischen Vulkanböden im Glas erahnen.
Lassen wir uns vom neuen Selbstbewusstsein des Südens verführen – mit einem Glas Greco di Tufo, Fiano di Avellino und natürlich dem Barolo des Südens – dem Taurasi
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