Ripasso – der kleine Bruder aus dem Norden
oder
warum es nicht immer Amarone sein muss
Es gibt Weine, die kennt man einfach – Selbst eingefleischte Bierliebhaber haben schon von diesen Ikonen des Weines gehört. Namen wie Bordeaux, Champagner oder Amarone sind den meisten Menschen, die dem gelegentlichem Alkoholkonsum nicht gänzlich abgeneigt sind, ein Begriff. Recht häufig, wenn jemand zu uns in die Vinothek kommt und eine Flasche Wein kaufen möchte, um sie später dann zu verschenken, fragt er oder sie nach Amarone.
Amarone geht schliesslich immer …..
Einfallslos? Nein – einfach ein sicherer Wert.
Das Trocknen der Trauben hat’s in sich!
Weine wie ein Ripasso sind da schon etwas unbekannter. Um kurz zu erklären, was Ripasso eigentlich ist, bleiben wir noch einen kleinen Moment beim Amarone. Per Definition ist Amarone ein alkoholstarker, kräftiger Rotwein aus dem Valpolicella, einer hügeligen Weinregion zwischen Gardasee und Verona. Hergestellt wird dieser tiefdunkle Rotwein hauptsächlich aus der lokalen Rebsorte Corvina Veronese. Das besondere dieses speziellen Weines ist aber nicht unbedingt die Traubensorte oder die Region, die unbestritten zu den schönsten Italiens gehört, sondern die Herstellungsmethode, die diesen Wein so einmalig macht.
Um es kurz zu machen: Die reifen Trauben werden nach einer normalen Weinlese, wie sie auch für den Valpolicella oder andere Weinsorten durchgeführt werden, zusätzlich für zirka 3 Monate auf Holzgestellen, Strohmatten oder in kleinen offenen Kisten an einem warmen, gut durchlüfteten Ort getrocknet. Bei diesem Trocknungsprozess verlieren die Trauben massiv an Gewicht, vor allem Wasser. Der Most im Innern wird quasi konzentriert; die Vinifikation und im Besonderen das Einmaischen der Trauben kann nun beginnen. Nach einigen Tagen der Gärung ist aus diesem zuckerreichen Most ein alkoholstarker Wein geworden, und der Trester, bestehend aus den Traubenschalenrückständen, den Kernen und etwas Fruchtfleisch, wird eigentlich nicht mehr gebraucht. Vielleicht könnte man aus den Rückständen einen Grappa produzieren oder alles in den Rebberg zurückführen. Aber nein… viel zu schade! Stecken doch noch viele Aromen und Zucker im noch gärungswarmen Traubenbrei.
Endlich: Die Geburt des kleinen Bruders
Und hier kommt endlich der Ripasso ins Spiel. Der Amarone gilt als Festtagswein, als perfekter Begleiter zu wuchtigen, schweren Gerichten, oder noch besser als finaler Tropfen nach dem Essen. Gemütliche Winterabende bei Kerzenlicht oder vor dem Kamin kommen mir da sofort in den Sinn. Aber was machen wir im Frühling, Sommer oder Herbst, wenn die Temperaturen noch nicht nach derart wuchtigen Weinen und deftigem Essen schreien? Eine etwas schlankere Variante, um die leichtere Küche in dieser Zeit zu begleiten, ist gefragt!
Kein Problem. Das Rezept dazu ist so einfach wie genial: Man gebe dem wertvollen Trester des Amarone frischen Valpolicella-Wein dazu (Ripassare), kurz durchgären lassen, sodass die intensiven Aromen des Aroma-Tresters in den leichteren Valpolicella aufgenommen werden, eventuell noch einige Monate in ein Holzfass geben, filtrieren, abfüllen, fertig. Das Endprodukt ist im Idealfall ein mittelschwerer dunkler Rotwein, der geschmacklich an Amarone erinnert, aber deutlich weniger Alkohol hat, und meist auch einiges günstiger ist. Für viele Weingeniesser ist der Ripasso deshalb nicht nur der kleine Bruder des Amarone, sondern oft auch die flüssige Visitenkarte des Winzers.
Nun: somit wäre ja jetzt geklärt, mit welchem Wein wir die Tage bis zum ersten richtigen Frost verbringen…
Sehr zum Wohl
Ihr Stefan Hofer & das Genussteam
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